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Die Klause bei Kastel-Staadt

Die Klause Kastel (Klause bei Kastel-Staadt) ist ein einst von Mönchen in die Felswand aus Sandstein geschlagenes Refugium auf einem Plateau am Berghang über der Saar und bietet einen weiten Blick über das Saartal.

   

Geschichte

Das Inklusentum blühte in Europa vom 9. bis zum 17. Jahrhundert. Die Ursprünge der Klause in Kastel gehen auf das 13. Jahrhundert und die damaligen Kreuzzüge zurück. Damals wurden zwei Kammern in den Sandsteinfelsen gehauen, welche an »Golgota« erinnern sollten.

In der gleichen Zeit wurde die Pfarrkirche in Kastel errichtet, in welcher damals die Pilger die »Heilige Helena« (Mutter des Kaisers Konstantin)  verehrten.

Um 1600 ließ der Franziskaner »Roméry« eine zweigeschossige Kapelle errichten. Ihr Obergeschoss war mit der oberen Felskammer verbunden.

In dieser Zeit entstanden auch ein Weg, welcher an der Südseite des Felsmassivs entlang führte, eine Grabnische mit »Arkosolgrab« und Relief, sowie verschiedene Quellbecken.

Die Anlage geriet jedoch nach der französischen Besetzung von 1794 in Verfall. 1833 erhielt der spätere Preußenkönig »Friedrich Wilhelm IV.« die Ruine als Geschenk. Er beauftragte 1834/35 seinen Architekten Karl Friedrich Schinkel (* 13. März 1781 in Neuruppin; † 9. Oktober 1841 in Berlin).

Klause bei Kastel, Foto: trier-info.de

Schinkel war ein preußischer Architekt, Stadtplaner, Maler, Grafiker und Bühnenbildner. Er gestaltete den Klassizismus in Preußen entscheidend mit.

Als Leiter der Oberbaudeputation unterstand ihm eine Revisionsabteilung, welche fast alle staatlichen Bauvorhaben für das Königreich Preußen in ökonomischer, funktionaler und ästhetischer Hinsicht überprüfte. Schinkel war Oberlandes-Baudirektor und Architekt des Königs. Seine Bauwerke prägen heute noch das Stadtbild der Mitte Berlins.

Aus der Anlage in Kastel-Staadt sollte er eine Grabkapelle für »Johann von Böhmen« (später »Johann der Blinde« genannt) bauen. 

Johann von Luxemburg (tschechisch Jan Lucemburský, luxemburgisch Jang de Blannen, französisch Jean de Luxembourg, Jean l’Aveugle * 10. August 1296; † 26. August 1346 in Crécy), auch Johann von Böhmen, später Johannes der Blinde genannt, war König von Böhmen 1310–1346, Markgraf von Mähren, Graf von Luxemburg und Titularkönig von Polen 1310–1335.

Johann fiel im Jahr 1346 in der Schlacht von Crécy, in deren Verlauf sich sein Sohn Karl unter ungeklärten Umständen vom Schlachtfeld absetzte.

Der Überlieferung zufolge soll der bereits völlig erblindete Johann praktisch schutzlos ins Kampfgetümmel geritten und erschlagen worden sein. Der Legende nach trat nach der Schlacht der damals 16-jährige Prince of Wales, »Edward of Woodstock« (der Nachwelt auch als der »Schwarze Prinz« bekannt) an die Leiche heran. Mit den bewundernden Worten »There lies the Prince of Chivalry, but he does not die« (»Hier liegt der Fürst der Ritterlichkeit, doch er stirbt nicht«) soll er das »Zimier« Johanns, welches unter anderem aus zwei Flügeln bestand, an sich genommen und zu dem seinen gemacht haben.

Diese Episode ist historisch allerdings nicht gesichert. Das Zimier in Form von drei Straußenfedern – die jedoch auch anderen Ursprungs sein könnten – sowie Johanns deutscher Wahlspruch »Ich Dien« finden sich jedenfalls bis heute im Wappenzeichen (»Badge«) des Prince of Wales wieder.

Der Tod des Königs beeindruckte den europäischen Adel zutiefst: Johann war bis zuletzt seinem Bündniseid treu geblieben und starb als Verkörperung der Ideale des europäischen Rittertums. Die Engländer gedachten des toten Königs in einer speziellen Trauerzeremonie, welche vom Bischof von Durham geleitet wurde. Doch über den Tod hinaus sollte der König keine Ruhe finden.

Auf Veranlassung des Siegers, König Eduard von England, wurden die inneren Organe entnommen und anschließend in der Zisterzienserinnenabtei »Ourscamp« in der Normandie bestattet. Der Rest seiner sterblichen Überreste und das Herz »als König der Organe« wurden seinem Sohn Karl IV. übergeben.

Der ließ das Herz im Kloster der Dominikanerinnen von Montargis begraben, neben Johanns Schwester Marie, Königin von Frankreich. Der Leichnam Johanns wurde zunächst in der Abtei der Dominikanerinnen in Valloire gebracht. Dort wurde er einbalsamiert und später in die »Abtei Altmünster«  in der Stadt Luxemburg überführt und dort beigesetzt.

Damit widersprach Karl dem Testament seines Vaters, welcher das Kloster Clairefontaine als letzte Ruhestätte bestimmt hatte. Karls Wunsch jedoch war, dass das Andenken an den Grafen und König in Zukunft von möglichst vielen in der Hauptstadt geehrt wurde und nicht in der Abgeschiedenheit eines Zisterzienserinnenklosters nahe Arlon.

Fast 200 Jahre ruhte er in der Abtei Altmünster, bis 1542 die Abtei abgerissen und die Benediktiner in der neu erbauten »Abtei Neumünster« die Gebeine des Königs  erhielten.

Die Gebeine des illustren Toten blieben knapp zwei Jahrhunderte in der Münsterabtei auf der Anhöhe östlich des Grafenschlosses auf dem Bockfelsen. Im Zuge der Belagerung der Stadt Luxemburg 1543-44 durch die Truppen König Franz‹ I. von Frankreich bzw. Kaiser Karls V., wurde die Benediktinerabtei derart schwer beschädigt, dass der Sarg in die Franziskanerkirche am heutigen ›Knuedler‹ verbracht werden musste.

Ende des Jahrhunderts verlangten die Benediktiner den Leichnam zurück um ihn in ihrem neuen Kloster Neumünster in Stadtgrund zu bestatten.  Doch an dem Leichnam fehlten der Kopf (der um 1630 wiedergefunden wurde) und der linke Unterarm.

In der Hoffnung auf edle Spenden hatten die Franziskaner den berühmten Toten öfters Gästen gezeigt. Der Kult um Johann den Blinden war damals offenbar ein einträgliches Geschäft.

Bei der Belagerung durch die Truppen des französischen König Ludwig XIV. durch die Befehlshaber Vauban und Marschall de Créqui, ging 1684 die Neumünsterabtei in Flammen auf. Der Leichnam Johanns konnte jedoch gerettet werden.

Foto: Gerd Pütz

Mutige Mönche retteten die Reste seiner Knochen und Johann wurde in der neu erbauten »Abteikirche St. Johann« beigesetzt. Dort wurde er in einem neuen, dem barocken Stil der Zeit entsprechenden Grabmal in Form eines »Heiligen Grabes« bestattet, welches noch heute in der Krypta der Kathedrale »Notre Dame« in Luxemburg zu sehen ist.

Doch von der Neumünsterabtei zur Kathedrale machte die Leiche Johanns einen langen Umweg. 

Als 1795 die französischen Revolutionstruppen Luxemburg eroberten, verbargen die Mönche Johanns Überreste in der Felsenhöhle eines Bäckers in Stadtgrund (heutiger Stadtteil Grund). Dort blieben sie 4 Jahre lang.

Auf seinem Totenbett erzählte der Bäcker dem späteren Bürgermeister Jean-Baptiste Servais von seinem Besitz. Angeblich bei einem Zechgelage erhielt der Unternehmer einer keramischen Fabrik aus Septfontaines, Pierre-Joseph Boch (1737 – 1818), Kenntnis davon.

Der etwas spleenige Künstler und Geschäftsmann »übernahm« gegen einen »flüssigen Obulus« die Gebeine für seine Raritätensammlung.

1809 kaufte der Sohn Pierre-Josef's, Jean-François Nicolas Boch (1782 – 1858), die zuvor säkularisierte Benediktinerabtei in Mettlach von einem Trierer Buchdrucker, welcher die Alte Abtei im Zuge der Nationalgüterversteigerung erworben hatte.

Jean-Francois gründete mit seiner aus den Ardennen stammenden Ehefrau in Mettlach eine eigene Fabrik und so gelangten auch die Gebeine Johanns, welche sein Vater »erworben« hatte, nach Mettlach in die »Alte Abtei«.

»Alte Abtei« Mettlach, Foto: Thomas Johannes

Dort ruhten Johanns Gebeine nach Angaben der Familie Boch in einer Mansardenkammer der »Alten Abtei«, wo Jean-François Boch die sterblichen Überreste »Johann des Blinden« vor französischen Revolutionstruppen versteckt haben soll.

24 Jahre lang blieben die Gebeine des Königs in dieser Mansardenkammer der »Alten Abtei«.  1818 starb der Vater Jean-François Boch's und er übernahm zusammen mit seinem Schwager die Leitung der luxemburgischen Keramikfabrik.

Nach dem Tod seines Schwagers siedelte er 1829 ganz nach Septfontaines über und überließ seinem damals 20-jährigen Sohn Eugen (1809 – 1898) die Leitung des Mettlacher Werkes.

1833 schenkte die Familie Boch die sterblichen Überreste Johanns dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm während dessen Reise durch das preußische Rheinland.

Der Kronprinz, der in Johann einen Ahnen sah, beauftragte, wie schon erwähnt, den Baumeister Karl Friedrich Schinkel, eine Grabkapelle für Johann den Blinden zu entwerfen.

1834 bis 1835 baute Schinkel die Kapelle bei Kastel-Staadt an der Stelle der alten Einsiedelei »Klause Kastel« auf einem Felsen hoch über dem Saartal.

Schinkel nutzte den noch vorhandenen Rest des alten Bauwerks, ließ bunte Glasfenster einsetzen und baute eine Kapelle mit Drillingsarkadenfenstern und italienisierendem Glockengiebel darüber.

Die Gebeine des Königs wurden in einen klassizistischen Sarkophag gebettet. Das böhmische Wappen auf diesem Sarkophag wird von Löwen gehalten, die auch eine Inschriftentafel stützen, auf welcher die böhmische Königskrone zu sehen ist.

Nach 492 Jahren, am Jahrestag der »Schlacht von Crecy« , am 26.08.1838, ließ der Prinz die Gebeine in allen Ehren in dieser eigens errichteten Kapelle in Kastel an der Saar in einem schwarzen Marmorsarkophag beisetzen.

Die Beerdigung in der Klausenkapelle im Jahre 1838 ist im Sterbebuch der Pfarrei des Jahres 1838 auf der Seite 202 eingetragen.

1842 kam noch ein Altar hinzu, der nach Vorschlägen des preußischen Königs gestaltet worden war. Die Ahnentafel des Königshauses wurde als Fresko in die Kapelle integriert.

Zum 500. Todestag Johanns von Böhmen wurde 1846 ein Stabkreuz auf der Plattform aufgestellt.  Es sollte noch nicht die letzte Grablege Johanns gewesen sein.  

1946 war Luxemburg mittlerweile ein eigener, unabhängiger Staat geworden, in dem sich so langsam ein Nationalbewusstsein  zu regen begann. Nicht nur die Regierung erhob die Forderung nach der Rückerstattung der unrechtmäßig entwendeten Gebeine des illustren Luxemburgers.

In einer »Nacht- und Nebelaktion« exhumierten patriotische Luxemburger unter Führung des Nationalisten Siggy Koenig die Überreste Johanns. Die noch junge Luxemburger Armee holte auf Veranlassung des Staates Luxemburg die Gebeine aus der Grabkapelle und brachten sie nach Luxemburg (in die Krypta unter der Kathedrale »Notre Dame«).  

Hierzu ist in der Chronik der Pfarrei Kastel, Eintrag vom 26. August 1946 geschrieben:

Zitat: »Am gestrigen Sonntag fand die Überführung der Gebeine des Blinden Königs Johann von Böhmen und Grafen von Luxemburg aus Kastel nach Luxemburg statt. Militärische und civile Persönlichkeiten aus Luxemburg, Frankreich und Belgien hatten sich zu dem offiziellen Akt an der Grabkapelle eingefunden. Viel gaffendes Volk umlagerte den Bereich der Klause, um diese Tat kleinlicher Unversöhnlichkeit mit anzusehen.

Heute morgen um 9 Uhr wurde noch einmal das konventionelle Stiftsamt in der Klausenkapelle für die Seelenruhe gehalten. Ein Häuflein Luxemburger Jungen unter dem Kommando eines Leutnants präsentierte das Gewehr, als das Wandlungsglöcklein erklang. In Zukunft wird das Amt in der Pfarrkirche gehalten werden.«

Nach einer 600-jährigen Odyssee fanden die sterblichen Überreste des Böhmenkönigs nun in der »Kathedrale Notre Dame« in Luxemburg die (vielleicht) letzte und (vorerst) endgültige Ruhestätte, sofern er nicht, wie alle anderen böhmische Könige vor und nach ihm, im »Veitsdom« (auch St.-Veits-Dom) auf der Prager Burg seine (aller-) letzte Ruhestätte finden wird.

Die Anlage in Kastel ist nicht nur ein Zeugnis der romantischen Veranlagung Friedrich Wilhelms IV., sondern auch eine Machtdemonstration Preußens, welches 1815 die Herrschaft im Rheinland übernommen und die Luxemburger Dynastie abgelöst hatte.

Unweit von Klause und alter Kirche gibt es eine natürliche Befestigung (Oppidum), welche auf drei Seiten durch Buntsandstein und durch einem Wall auf der vierten Seite vor Feinden schützte.

Außer diesen »Hinterlassenschaften« der Kelten sind auch zahlreiche Spuren römischer Besiedlung erhalten geblieben.

Oberhalb der Klause und hinter der alten Kirche befindet sich ein Ehrenfriedhof für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.